DIE KERNFORSCHER

nein-sagen-Sanja-Stankovic Grenzen ziehen lernen 16. November 2015

„Nein sagen zu können ist essentiell. Es gehört genauso zum Erfolg dazu wie das Ja sagen“, findet die Kulturwissenschaftlerin und Digital-Strategin Sanja Stankovic.

 

Wie wichtig ist es Nein sagen zu können, um beruflich und privat erfolgreich zu sein?

Nein sagen zu können ist essentiell. Es gehört genauso zum Erfolg dazu wie das Ja sagen. Und beides lernt man mit der Zeit. Wenn ich heute Ja sage muss ich hundertprozentig von etwas überzeugt sein, sonst sage ich Nein.

Einfaches Beispiel: Wenn mir früher im Laden ein schickes Kleidungsstück ins Auge fiel, ich im Laden noch hin und her überlegte – soll ich oder soll ich nicht? Und es dann doch mitnahm war meine Erfahrung immer die gleiche: Das Teil blieb im Schrank hänge und ich ärgerte mich jedes Mal über meinen Fehlkauf. Heute muss ich 100%ig überzeugt sein, sonst kauf ich es nicht mehr. Das trifft auf mein Business genauso zu.

 

Wie sagen Sie diplomatisch und gekonnt Nein?

Wahrscheinlich bin ich kein Musterbeispiel für Diplomatie (schmunzelt). Mir sind ehrliche Worte sehr wichtig. Spricht also ein (potentieller) Partner davon, dass „W I R  ein Projekt gemeinsam erledigen“, dann frage ich heute schon sehr genau nach, wie die Arbeit wirklich verteilt ist.

Wir alle arbeiten mit knappen Ressourcen – Zeit, Geld, Aufmerksamkeit. Deshalb möchte ich sehr genau wissen, an welche Voraussetzungen und Bedingungen ein Projekt geknüpft ist und worin mein Nutzen liegt – das kann ein faires Honorar sein, ein lohnender Marketingeffekt mit daraus resultierenden Folgeaufträgen oder eine Mischkalkulation. Wenn die Verteilung der Aufgaben nicht in einem akzeptablen Verhältnis steht, sage ich Nein und begründe das auch genau so.

 

Was war das lehrreichste Nein, das Sie bislang ausgesprochen haben?

Ich bin Netzwerkerin aus Leidenschaft. Dazu gehört von Beginn an mehr zu Geben als zu Nehmen. Ich gebe Empfehlungen, vernetze Partner und öffne Türen – und das sehr gern. Irgendwann aber sollte sich ein Gleichgewicht einspielen zwischen Geben und Nehmen.

Für mich war es ein Prozess zu lernen, wie wichtig es ist, auch Grenzen zu ziehen. So lange man es nicht kann, läuft man Gefahr, irgendwann als Selbstbedienungsladen wahrgenommen zu werden oder beim Gegenüber den Eindruck zu vermitteln „Was nix kostet ist nix wert“.

Entdeckst Du zum Beispiel unerwartet, dass ein gemeinsames Projekt nur mit (Deinem) Herzblut finanziert wird, doch beim gleichen Kunden oder Partner für ein anderes Projekt urplötzlich Geld da ist, ist es höchste Zeit, gegenzusteuern. Gerade freie Beraterinnen, die viel mit Menschen zu tun haben, die relativ lange von ihrer kostenfreien Leistung profitieren, heißt es: Bleib wach, damit Du den Augenblick, ab dem diese Leistung als selbstverständlich gesehen wird, nicht verpasst.

Das bemerkst Du rechtzeitig, wenn Du beginnst dich bei einer Zusammenarbeit unwohl zu fühlen. „Eigentlich“, denkst Du, „arbeite ich doch gern mit dem Partner zusammen, doch irgendwie beginnt es keinen Spaß mehr zu machen“. Dann schau genau hin, woher das Gefühl kommt und ändere die Rahmenbedingungen, damit Du wieder Ja sagen kannst. Sonst heißt es in Zukunft: „Danke. Aber nein, Danke!“.

 

nein-sagen-Sanja-StankovicSanja Stankovic ist Kulturwissenschaftlerin und leitete als Mitglied der Geschäftsleitung den Bereich digitale Strategie, PR und Social Media bei Nordpol+, Agentur für Kommunikation GmbH. Zuvor baute sie den Social Media-Bereich für die NAVIGON AG auf und war danach als Social Media Managerin bei segmenta pr tätig. 2011 war sie erstmals Sprecherin auf der re:publica, wo sie über die Macht von Sprache in der Kommunikation über das Internet referierte. 2014 gründete sie mit Sina Gritzuhn Hamburg Startups und ist als Digitale Strategin unterwegs.

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Katrin Klemm

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